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01.04.2016

Arbeitsrecht à la française


Dieser Text ist vom 01.04.2016 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Umfangreiche Regelungen anstelle von laisser faire

Für Arbeitsverträge ist immer das Recht des Landes maßgeblich, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung seines Arbeitsvertrags tätig wird. Auch bei Arbeitnehmern, die für die französische Niederlassung einer deutschen Muttergesellschaft arbeiten, gelangen sämtliche Schutzvorschriften des französischen Arbeitsrechts sowie die in Frankreich geltenden allgemeinverbindlichen tarifvertraglichen Vorgaben zur Anwendung. Und das gilt auch in Fällen, in denen ein Arbeitsvertrag nach deutschem Recht abgeschlossen wurde, was durchaus möglich ist. Dann allerdings profitiert der Arbeitnehmer von einer Anspruchskumulation und darf sich aus beiden Rechtsordnungen die Rosinen herauspicken.
 
Arbeitgeber sollten beim Einsatz von Mitarbeitern in Frankreich unbedingt bedenken, dass es zum Teil erhebliche Abweichungen zwischen dem deutschen und dem französischen Arbeitsrecht gibt, die sich durch alle Regelungsfelder des Arbeitsrechts vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Beendigung ziehen.

Vieles läuft in Frankreich anders
Verträge sind in Frankreich in aller Regel unbefristet. Eine Befristung ist nur in eng geregelten Ausnahmefällen möglich, wie zum Beispiel bei der vorübergehenden Vertretung eines Arbeitnehmers oder bei Saisonarbeiten. Die Begründung für die Befristung muss im Arbeitsvertrag dezidiert aufgeführt werden. In Ermangelung einer wirksamen Begründung ist das Arbeitsverhältnis automatisch unbefristet. Die Höchstdauer für befristete Verträge beträgt grundsätzlich 18 Monate inklusive einer Verlängerung.
 
Bei den zwingenden arbeitsvertraglichen Regelungsinhalten gibt es in Frankreich keine Abweichungen im Vergleich zu Deutschland. Allerdings muss der Arbeitsvertrag in französischer Sprache aufgesetzt werden. Zudem gibt es in Frankreich über 500 allgemeinverbindliche Tarifverträge, die neben den Vorgaben des Code du Travail Anwendung finden. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag muss im Arbeitsvertrag aufgeführt werden.

Die Probezeit beträgt in Frankreich bei Arbeitern zwei Monate, bei Vorarbeitern drei Monate und bei leitenden Angestellten maximal vier Monate. Eine einmalige Verlängerung der Probezeit ist möglich, sofern der Arbeitnehmer zustimmt. Die gesetzlich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit beträgt in der Grande Nation 35 Stunden. Inklusive Überstunden darf die wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten und in einer Referenzperiode von 12 Wochen darf die durchschnittliche Arbeitszeit nicht über 44 Stunden pro Woche liegen. Der Überstundenaufschlag liegt für die ersten acht Stunden pro Woche bei 25 Prozent und bei darüber hinausgehenden Überstunden bei 50 Prozent. Nur leitende Angestellte sind von diesen Vorgaben ausgenommen.

Trennung à la française
Der Code du Travail unterscheidet drei Kündigungsstufen: die ordentliche Kündigung, die Kündigung wegen schweren Verschuldens (faute grave), die ein Fehlverhalten voraussetzt, das die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses unmöglich macht, sowie die Kündigung wegen arglistigen Verschuldens (faute lourde). Hierbei muss dem Arbeitnehmer die Absicht nachgewiesen werden, dass er dem Arbeitgeber bewusst Schaden zufügen wollte. Bei der ordentlichen Kündigung steht dem Arbeitnehmer ab einem Jahr Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsentschädigung zu. Zudem muss sich der Arbeitgeber an die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist halten und den Resturlaub abgelten. Bei der Kündigung wegen faute grave sowie der Kündigung wegen faute lourde entfallen sowohl der Anspruch auf Kündigungsentschädigung als auch die Kündigungsfrist. Allerdings hat der Arbeitnehmer bei der Kündigung wegen faute grave Anspruch auf Abgeltung des Resturlaubs.
 
Ein Kündigungsvorgespräch ist in Frankreich immer Pflicht. Hierbei wird der Arbeitnehmer darüber informiert, dass eine Kündigung im Raum steht und warum dies der Fall ist. Die Kündigung selbst darf erst drei Werktage nach dem Vorgespräch ausgesprochen werden, die Zustellung erfolgt per Einschreiben mit Rückschein oder durch persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung. Sowohl bei der ordentlichen als auch der außerordentlichen Kündigung muss im Kündigungsschreiben bereits der Kündigungsgrund substantiiert dargelegt werden. Andere Gründe als im Vorgespräch dürfen nicht genannt werden. Bei der Darlegung des Kündigungsgrunds sollte unbedingt fachkundiger Rat eingeholt werden. Denn: In Frankreich ist aufgrund der arbeitnehmerfreundlichen Gesetzgebung damit zu rechnen, dass der gekündigte Arbeitnehmer vors Arbeitsgericht zieht und mangels ordnungsgemäßer Begründung eine vergleichsweise hohe Abfindung zugesprochen bekommt.

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